Wir sprachen anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni 2009 mit Axel Rottländer, dem stellvertretenden Nothilfekoordinator von CARE Deutschland-Luxemburg, über Struktur, Hilfsmaßnahmen und Chancen in Flüchtlingslagern.
Hygiene scheint oft die größte Herausforderung dort, wo Tausende von Flüchtlingen auf engem Raum leben. Wie sind diese Zustände in Flüchtlingslagern?
Axel Rottländer: Das hängt davon ab, in welcher Region sich ein Flüchtlingslager befindet, etwa ob es sich dort um ein eher feuchtes oder trockenes Klima handelt. Es ist auch ein Unterschied, ob ein Lager erst im Aufbau ist oder schon länger besteht.
Bei Lagern im Aufbau müssen zunächst mal Latrinen errichtet und Frischwasser angeliefert werden. Danach stehen dann längerfristige Maßnahmen an. Hierzu gehört unter anderem, Quellen für Trinkwasser zu erschließen.
Wie erhalten denn die Flüchtlinge Zugang zu Trinkwasser?
Zuerst wird meist Wasser mit Tankwagen angeliefert, was aber auf Dauer natürlich sehr teuer ist. Also zapft man lokale Wasserquellen an und stattet sie mit Pumpen und Trinkwasserreinigungsanlagen aus. Somit ist garantiert, dass sauberes Trinkwasser in den Lagern über einen längeren Zeitraum zur Verfügung steht. Neben Trinkwasserleitungen müssen auch die Abwässer der Camps entsorgt werden. Hierzu werden Gruben ausgehoben, in die das Schmutzwasser geleitet wird. Da in Flüchtlingslagern große Zahlen von Menschen auf sauberes Wasser angewiesen sind, muss man als Hilfsorganisation immer auch auf die Zuverlässigkeit der Anlagen achten.
In Dadaab, einem Flüchtlingslager im Norden Kenias nahe der somalischen Grenze, in dem CARE Deutschland-Luxemburg Hilfe leistet, leben beispielsweise über 280.000 Menschen. Das Wasser hier wird aus bis zu 130 Meter tiefen Bohrlöchern gefördert. Der Ausfall einer einzigen Wasserpumpe würde hier sehr schnell verheerende Konsequenzen nach sich ziehen.
Können Sie das Leben in den Flüchtlingscamps beschreiben?
Oftmals müssen Flüchtlinge mit dem Nötigsten vorlieb nehmen. Sie hausen unter Planen oder Tüchern und schlafen auf dem Boden. Vorrangige Aufgabe der Hilfsorganisationen bei der Unterbringung ist die Ausstattung der Menschen mit Planen, Decken und Wasserkanistern, damit diese sich vor Sonne, Regen und Wind schützen und Wasser in ihre Unterkunft transportieren können. In einem späteren Stadium werden auch Zelte für die Menschen bereitgestellt oder, in Zusammenarbeit mit den Flüchtlingen selbst, traditionelle Hütten errichtet.
Es ist aber auch entscheidend, wie die Menschen geflohen sind. Manche kommen nur mit dem, was sie am Leib tragen, in einem Lager an. Andere konnten sich länger auf eine Flucht vorbereiten und besitzen noch viele Teile ihres Hausstandes.
Wie kann man sich die Dimensionen eines Flüchtlingslagers vorstellen?
Die Größenverhältnisse variieren zwischen wenigen 1000 bis hin zu mehreren 100.000 Menschen. Hiervon hängt dann auch die weitere Versorgung ab. Am Beispiel Kenia wird deutlich, dass bei großen Flüchtlingslagern die Hilfsmaßnahmen der tätigen Organisationen sehr exakt koordiniert werden müssen. Hier arbeit CARE Deutschland-Luxemburg eng mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und anderen Hilfsorganisationen zusammen.
Jede Organisation hat ihren eigenen Aufgabenbereich, eine ist beispielweise für die Nahrungsmittelversorgung zuständig, andere kümmern sich um die Trinkwasserversorgung oder um die effektive Koordinierung der Hilfe. Die Bereitstellung von technischem Gerät, Hilfsgütern wie auch Logistik und Koordination sind sehr kostspielig. Die Unterstützung durch Spenden ist hierfür immens wichtig.
Ist die Sicherheitslage in den Camps problematisch?
In den meisten Fällen sind Flüchtlingslager frei von äußeren Übergriffen, wobei es natürlich regionale Unterschiede gibt. Im Flüchtlingslager Dadaab gibt es beispielsweise sehr wenig Gewalt von außen. In diesem Lager, das etwa so viele Menschen wie die Stadt Bonn beherbergt, kommt es vielmehr zu Gewalt innerhalb des Lagers, verbunden auch mit sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen. CARE Deutschland-Luxemburg veranstaltet zur Vermeidung dieser Übergriffe Programme zur Gewaltprävention und zur Stärkung der Stellung der Frauen. Wenn so viele Menschen auf derart engem Raum zusammenleben, können interne Konflikte und Übergriffe aber nicht komplett verhindert werden.
Was sind Herausforderungen bei der Reintegration der Flüchtlinge in ihre Heimatgebiete?
Der Erfolg der Reintegration von Flüchtlingen hängt stark von der politischen Situation in der Region ab. Wenn dort Frieden herrscht, ist es natürlich leichter für die Betroffenen, in die Heimatgebiete zurückzukehren. Für viele Somalis beispielsweise, die im Flüchtlingslager Dadaab leben, ist es durch die politische Situation auf lange Sicht sehr schwer, wieder in der Heimat Fuß zu fassen. Das gleiche gilt für viele Staaten, die Flüchtlingsströme aus politisch instabileren Ländern zu bewältigen haben, wie etwa der Tschad. Die Probleme einer scheiternden Reintegration haben nach einer gewissen Zeit auch Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung. Die Flüchtlinge konkurrieren hier schließlich um Ressourcen. Infolgedessen entsteht oft zusätzliches Konfliktpotenzial. Auch das berücksichtigen die Hilfsorganisationen bei ihren Maßnahmen.
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