Claudia Brück, Regionalwissenschaftlerin Lateinamerika Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit TransFair e.V., über die Fairtrade-Bewegung.
2009 verzeichnet einen traurigen Rekord – erstmalig hungern weltweit über eine Milliarde Menschen. Ursachen der Ernährungskrise sind vor allem höhere Nahrungsmittelpreise in Kombination mit sinkendem Einkommen durch die globale Wirtschaftskrise, die in besonderem Maße Menschen in Entwicklungsländern trifft.
Mehr denn je ist es notwendig, dass die Nahrungsmittelindustrie ebenso wie andere Branchen soziale Verantwortung für die Produzentinnen und Produzenten in Entwicklungsländern übernimmt, um so einen Beitrag zur Verringerung der Armut und zur Ernährungssicherheit zu leisten. Die Fair-Handels-Bewegung setzt sich dafür ein, einen alternativen Handel aufzubauen und Produzenten von Nahrungsmitteln, Konsumenten, Unternehmen, Handel und Nichtregierungsorganisationen zusammenzubringen.
Politik mit dem Einkaufskorb
Spätestens seit den Shell-Boykotten in den 1980er Jahren ist klar: Verbraucherinnen und Verbraucher haben Macht. Ihre Entscheidungen im alltäglichen Einkauf können ein Umdenken bei den Entscheidern von Industrie, Handel und Politik bewirken.
Produzentin aus Ghana1992 wurde die Siegelorganisation TransFair e.V. gegründet, um mit Hilfe eines unabhängigen kontrollierten Siegels auch konventionelle Vertriebswege wie Supermärkte für den Absatz fair gehandelter Produkte zu erschließen. Die steigenden Absatzzahlen fair gehandelter Produkte bewegen immer mehr Unternehmen und Handelsketten dazu, die Nachfrage nach ethisch verantwortlicher Produktion und einer transparenten Herkunft der Produkte ernst zu nehmen.
Gleichzeitig erkennen immer mehr teilnehmende Firmen durch ihre Erfahrungen im Fairen Handel weitere Vorteile, zum Beispiel die Liefersicherheit hochwertiger Rohstoffe, die durch langfristige und vertrauensvolle Handelsbeziehungen entstehen kann. So entwickelt sich allmählich ein alternatives Handelssystem, von dem alle Seiten profitieren. Doch der Einkauf für den Privatgebrauch ist nur ein Baustein. Ebenso wichtig sind Großverbraucher beispielsweise in der Gastronomie oder die kommunale Beschaffung z.B. von Arbeitskleidung und Baustoffen. Auch hier können engagierte Bürgerinnen und Bürger ein Umdenken einfordern und Veränderungsprozesse anstoßen.
Fairtrade-Standards und Ziele
Unter einer Vielzahl von Siegeln nimmt das Fairtrade-Siegel durch die Garantie der Einhaltung sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Mindeststandards eine besondere Stellung ein. Dieser umfassende Ansatz ist angesichts von Klimawandel und globaler Nahrungsmittelkrise dringlicher denn je. Die Standards werden in einem transparenten Prozess entwickelt, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Produzentengruppen, der Siegelinitiativen und des Handels sowie Entwicklungshilfeexperten teilnehmen.
Zu den wirtschaftlichen Standards gehört die Zahlung angemessener, kostendeckender Preise, die Zahlung von Fairtrade-Prämien für eigene Projekte der Produzentenorganisationen, Beratungen und langfristige Handelsbeziehungen. Die sozialen Standards beinhalten die ILO-Kernarbeitsnormen zu Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit und -gesundheit, Versammlungs- und Verhandlungsfreiheit, Diskriminierungsverbot, Verbot von illegaler Kinder- und Sklavenarbeit. Die ökologischen Standards beinhalten eine Liste verbotener Substanzen nach WHO-Empfehlung, den schonenden und sparsamen Umgang mit Böden und Wasser, eine sorgfältige Energie- und Abfallbewirtschaftung und ein Verbot gentechnisch veränderter Organismen. Die Umstellung auf Bio-Anbau wird durch Beratungen und einen zusätzlichen Preisaufschlag für Bio-Produkte gezielt gefördert.
Spielraum nach oben
Rund 44 Prozent der Bevölkerung kaufen inzwischen mindestens gelegentlich ein fair gehandeltes Produkt, viele weitere unterstützen die Idee, setzten ihre positive Einstellung aber noch nicht in konkretes Handeln um. Trotz des kontinuierlichen Wachstums und des großen Vertrauens der Bevölkerung in das unabhängige Fairtrade-Siegel hat der Faire Handel immer noch einen geringen Marktanteil von nur rund einem Prozent.
Dies kann nur durch gemeinsame Anstrengungen in der Bildungsarbeit und der Politik und durch ein Umdenken breiter Bevölkerungsschichten verändert werden. Der Spielraum ist da: In Deutschland hat TransFair 2009 rund 150 Lizenznehmer, die über 1.000 verschiedene Produkte mit dem Fairtrade-Siegel in rund 30.000 Supermärkten, Bio- und Naturkostläden, in über 10.000 gastronomischen Einrichtungen und in den rund 800 Weltläden verkaufen. Mit Erfolg – seit 2004 wächst der Faire Handel jedes Jahr zweistellig, 2008 wurden Waren im Wert von 258 Millionen Euro umgesetzt. Seit 2006 mit Lidl der erste Discounter ein Sortiment fair gehandelter Produkte dauerhaft in die Regale gestellt hat, sind die Produkte für noch mehr Menschen in ihrem alltäglichen Einkauf ohne zusätzliche Wege erhältlich und neue Käuferschichten werden angesprochen.
Kein Allheilmittel, aber ein wichtiges Instrument
Der Faire Handel ist kein Allheilmittel, aber er ist ein marktpolitisches Instrument, dass es in Ergänzung der Entwicklungszusammenarbeit jeder und jedem privat und als Entscheider in Unternehmen, Institutionen und Politik ermöglicht, Armut in Entwicklungsländern zu reduzieren und einen respektvollen Umgang mit Menschen und Ressourcen weltweit zu pflegen.
TransFair e.V. ist ein unabhängiger, gemeinnütziger Verein und handelt selber nicht mit Waren, sondern ist ausschließlich für die Kontrolle der Kriterien, Öffentlichkeitsarbeit und Siegelmarketing zuständig. Mitglieder sind 36 Organisationen aus den Bereichen Entwicklungshilfe, Soziales, Umwelt, Frauen, Verbraucherschutz, Kirche und Politik.
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